Biodiversität schwindet

Nachhaltigkeit

Weltbiodiversitätsrat warnt vor Artensterben

Von den weltweit rund 8 Millionen Tier- und Pflanzenarten sind 0,5 bis 1 Million gefährdet, warnte der Weltbiodiversitätsrat IPBES im Mai 2019 im ersten globalen Bericht zum Zustand der Biodiversität und der Ökosystemleistungen. Am Bericht haben mehrere Berner Forschende mitgearbeitet, teilweise in leitender Position.

 

Das gegenwärtige Artensterben beschleunigt sich fortwährend und ist bereits 10- bis 100-mal höher als im Durchschnitt der vergangenen 10 Millionen Jahre. Als Gründe nennt der erste globale Bericht zum Zustand der Biodiversität und der Ökosystemleistungen die zu starke Nutzung von Land und Meer, den Abbau natürlicher Ressourcen, den Klimawandel, die Verschmutzung sowie invasive Arten. Der dramatische Zustand der Natur hat enorme Konsequenzen für die menschliche Existenz: Von den 18 wichtigsten Leistungen der Natur für die Menschheit – wie Bestäubung oder saubere Luft – haben sich bereits 14 deutlich reduziert.

Wussten Sie, dass?

«Intensive Landnutzung, der Einsatz von Pestiziden und die starke Stickstoffdüngung gehören neben dem Klimawandel zu den stärksten direkten Treibern des Biodiversitätsverlustes.»

Dabei hat sich die Belastung der Natur in den vergangenen 30 Jahren stark von den Industrie- in die Entwicklungsländer verlagert. «Die Schweiz darf deshalb bei ihren Massnahmen nicht nur ihr eigenes Territorium im Auge haben, sondern muss auch eine Mitverantwortung für die weltweiten Anstrengungen übernehmen», sagt Andreas Heinimann vom Centre for Development and Environment CDE und dem Geographischen Institut der Universität Bern, der als einziger Schweizer Wissenschaftler unter den Hauptautoren an einem Kapitel des Berichts mitgearbeitet hat.

Vereinbarte Ziele werden bei weitem nicht erreicht

Die international vereinbarten Biodiversitätsziele (Aichi Ziele bis 2020) werden zum Grossteil nicht erreicht. Die Forschenden haben für den IPBES-Bericht erstmals Zukunftsszenarien bis 2050 für die einzelnen Weltregionen berechnet. Selbst wenn ein rascher Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingt, lässt sich der Rückgang der Biodiversität und der damit verbundenen regulierenden Ökosystemleistungen nur bremsen, aber nicht aufhalten. Der Verbrauch an Natur in Form von Nahrung, Futter, Holz oder Bioenergie wird weiter steigen. Macht die Welt aber weiter wie bisher – mit einem weiteren schnellen Anstieg des Konsums und der Bevölkerungzahl –, werden die negativen Auswirkungen insbesondere in Südamerika, Afrika und Asien enorm gross sein.

Wussten Sie, dass?

«Die Schweiz hat den höchsten Anteil an gefährdeten Arten in Westeuropa.»

Der IPBES-Bericht macht deutlich, dass ein transformativer Wandel unserer Gesellschaften und unseres Umgangs mit der Natur nötig sind, um unsere Lebensgrundlagen langfristig zu sichern. «Der ungebremste Biodiversitätsverlust ist nicht nur ein äusserst wichtiges Umweltthema. Auch das künftige Wohlergehen der Menschen und eine nachhaltige Entwicklung sind nur mit intakter Biodiversität möglich», sagt Professor Markus Fischer vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern und Mitglied des IPBES-Expertenrates sowie Co-Chair des IPBES-Berichts zu Europa und Zentralasien. Fischer betont: «Es braucht ein Umdenken und entsprechende Entscheidungen in allen Bereichen der Gesellschaft.»

Weltbiodiversitätsbericht

Bisher umfassendster Bericht

Der IPBES-Bericht vom Mai 2019 ist das bisher umfassendste globale Assessment zum Zustand der Biodiversität und der Ökosystemleistungen. 150 Autorinnen und Autoren haben den 1700 Seiten starken Bericht verfasst. Dieser stützt sich auf 15'000 publizierte Studien und wurde durch über 20'000 Kommentare von Forschenden und Regierungen verbessert und geschärft. 

Als einziger Schweizer Wissenschaftler unter den Hauptautoren hat Andreas Heinimann von der Universität Bern am Bericht mitgearbeitet. An der nationalen Medienkonferenz der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz und der Universität Bern zum IPBES-Bericht traten zwei weitere Berner Forschende auf: Markus Fischer, Professor am Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern und Mitglied des IPBES-ExpertInnenrates, sowie Eva Spehn vom Forum Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften, Mitglied der Schweizer IPBES-Delegation und Koordinatorin der Schweizer IPBES-Plattform, sowie Co-Leiterin des internationalen Projektbüros der Global Mountain Biodiversity Assessment (GMBA) und Mitglied des Instituts für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern.

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